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Nawalny-Festnahme: Scharfe Kritik an Russland | tagesschau.de - tagesschau.de

EU und USA haben die Festnahme des Kreml-Kritikers deutlich verurteilt. Sie fordern eine sofortige Freilassung des Regimegegners. Nawalny war unmittelbar nach seiner Rückkehr nach Moskau in Gewahrsam genommen worden.

Nach der Festnahme des nach Moskau zurückgekehrten Kremlgegners Alexej Nawalny wächst der Druck auf Russland. Politiker der EU, USA und Deutschlands forderten die russischen Behörden zur sofortigen Freilassung des 44-Jährigen auf. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International stufte den prominenten Gegner von Präsident Wladimir Putin als einen politischen Gefangenen Russlands ein.

Alexej Nawalny war unmittelbar nach seiner Landung in Moskau noch am Flughafen festgenommen worden. Der 44-Jährige wurde an der Passkontrolle abgeführt, wie auf Livebildern der Agentur Reuters zu sehen war. Nach Angaben von Vertrauten nach seiner Verhaftung am Moskauer Flughafen Scheremetjewo in eine nahe gelegene Polizeistation gebracht worden. Seine Frau Julia Nawalnaja hingegen wurde durchgelassen.

Mehrere Festnahmen

Die Maschine mit Nawalny, seiner Frau und mehreren Mitarbeitern an Bord war am Nachmittag in Berlin gestartet und am frühen Abend in Moskau gelandet. Sie sollte eigentlich am Airport Wnukowo eintreffen, war aber kurzfristig umgeleitet worden. In Wnukowo, dem eigentlichen Zielort, hatten sich bereits zahlreiche Anhänger Nawalnys versammelt. Dort zogen Hundertschaften der Anti-Terror-Polizei OMON sowie mehrere Gefangenentransporter auf.

Sicherheitskräfte am Flughafen Wnukowo | Bildquelle: REUTERS

Nach Angaben der Nachrichtenagentur dpa gab es mehrere Festnahmen, die Einsatzkräfte drängten die Wartenden zurück. Unter den Festgenommenen war demnach auch Nawalnys enge Mitarbeiterin, die Juristin Ljubow Sobol.

Der Oppositionsführer hatte seine Anhänger aufgerufen, ihn auf dem Flughafen zu treffen. Die Moskauer Staatsanwaltschaft hatte vor unerlaubten Kundgebungen auf dem Flughafengelände gewarnt und mit Konsequenzen gedroht.

EU verurteilt Festnahme

Die EU verurteilte die Festnahme Nawalnys. Es sei "inakzeptabel", dass Nawalny direkt nach seiner Rückkehr nach Russland in Gewahrsam genommen worden sei, schrieb EU-Ratspräsident Charles Michel auf Twitter. Er forderte die "sofortige Freilassung" des Oppositionspolitikers.

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell schloss sich der Forderung an. Er rief die russischen Behörden auf, Nawalnys "Rechte zu respektieren". Eine "Politisierung" der Justiz sei nicht hinnehmbar, schrieb Borrell auf Twitter. Auch Vizekanzler Olaf Scholz kritisierte die Inhaftierung. Die baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen forderten die sofortige Freilassung Nawalnys. Die Festnahme sei "völlig inakzeptabel", hieß es in einer Erklärung der drei an Russland grenzenden EU- und Nato-Länder. An diesem Montag dürfte sich Außenminister Sergej Lawrow bei einer Pressekonferenz zu dem Fall äußern.

Auch aus den USA kam scharfe Kritik. Der künftige Sicherheitsberater des designierten US-Präsidenten Joe Biden, Jake Sullivan, teilte auf Twitter mit, Nawalny sollte "umgehend freigelassen werden." Zudem müssten die Verantwortlichen für Nawalnys Vergiftung zur Rechenschaft gezogen werden. "Die Angriffe des Kremls auf Herrn Nawalny sind nicht nur eine Verletzung der Menschenrechte, sondern ein Affront gegen das russische Volk, das sich Gehör verschaffen will." Auch der scheidende Außenminister Mike Pompeo verurteilte die Festnahme scharf.

Nawalny soll gegen Bewährungsauflagen verstoßen haben

Russlands Strafvollzug hatte Nawalny zur Fahndung ausgeschrieben, weil er während seines Aufenthaltes in Deutschland gegen Bewährungsauflagen in einem früheren Strafverfahren verstoßen haben soll. Dieses Risiko nahm er jedoch in Kauf. Kurz vor seinem Start am Nachmittag sagte er, dass er sich vor nichts fürchte: "Was soll mir Schlimmes in Russland passieren?", meinte er. Die Anwältin Karinna Moskalenko, die Nawalny in der Vergangenheit verteidigt hatte, sagte, dass eine Festnahme gegen internationales Recht verstoßen würde.

Nawalny hatte sich in Deutschland von einem Anschlag mit dem als Chemiewaffe verbotenen Nervengift Nowitschok erholt. Dass Nowitschok zum Einsatz gekommen war, hatten Labore in mehreren Ländern und auch die Organisation für das Verbot für Chemiewaffen (OPCW) unabhängig voneinander bestätigt.

Alexej Nawalny und seine Frau Julia am Krankenbett in der Berliner Charité. | Bildquelle: Daria Nawalny/privat/Instagram/dpa

Das Attentat war am 20. August in der sibirischen Stadt Tomsk verübt worden. Nawalny hatte immer wieder den russischen Präsidenten Wladimir Putin und den Inlandsgeheimdienst FSB für den Mordanschlag verantwortlich gemacht. Der Kreml-Chef weist das zurück. Die EU hatte wegen des international kritisierten Verbrechens Sanktionen gegen Vertreter des russischen Machtapparats verhängt.

Ungeachtet der Gefahr für sein Leben erklärte Nawalny mehrfach, dass sein Platz in Russland sei und er dort seinen Kampf gegen das "System Putin" fortsetzen wolle. Im Herbst ist in Russland Parlamentswahl.

Zahlreiche Kommentatoren bezeichneten Nawalnys Entscheidung, nach Russland zurückzukehren, als mutig - und als politischen Sieg. "Dass Nawalny auch vor dem schlimmstmöglichen Szenario keine Angst hat, zerstört das ganze Spiel des Kreml", schrieb die Politologin Tatjana Stanowaja.

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