Die aktuell geltenden Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie werden grundsätzlich bis zum 7. März verlängert. Darauf haben sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Regierungschefs der Länder am Mittwoch nach mehrstündigen Beratungen verständigt.
Eine Ausnahme soll es für Friseure geben. Sie sollen unter strikten Hygiene-Auflagen bereits Anfang März wieder öffnen dürfen. Wann es welche Öffnungsschritte in Schulen und Kindertagesstätten geben soll, wird nicht bundeseinheitlich geregelt. Etliche Bundesländer wollen die wegen der Corona-Pandemie geschlossenen Schulen bereits im Februar schrittweise öffnen.
Das Echo in der deutschen Presse ist eher verhalten. Ein Überblick:
Frankfurter Allgemeine Zeitung: „Alter Wein in neuen Schläuchen“
„An die Verhandlungen der Kanzlerin mit den Ministerpräsidenten knüpften sich wieder einmal zwei widersprüchliche Erwartungen: So geht es nicht weiter, und: So muss es weitergehen. Der Unterschied zu früheren Gelegenheiten lag darin, dass für beides die Argumente besser geworden sind. (...) Berlin und die Länder konnten aber auch dieses Mal nicht klarstellen, wohin die Reise denn nun eigentlich geht.
Die Stufenpläne, über die allenthalben verhandelt wird, bieten zwar bessere Zielvorgaben. Aber eigentlich sind sie nichts anderes als alter Wein in neuen Schläuchen. Den Interessenkonflikt zwischen der Ansicht, dass jeder von uns mit dem Virus (in welcher Form auch immer) eines Tages in Berührung kommt, und der Ansicht, es könne und müsse so schnell wie möglich auf null reduziert werden, lösen auch diese Pläne nicht.“
Süddeutsche Zeitung: „Argumentationsgrundlage für einen andauernden Lockdown“
„Die neue Strategie, Zahlen und Maßnahmen zu koppeln, erscheint dabei geschickt. Sie gibt Hoffnung, dass sich das Leben wieder ändern kann. Und zugleich bildet sie schon jetzt die Argumentationsgrundlage für einen andauernden Lockdown, wenn die Mutanten die Infektionen doch beschleunigen.
Der Preis dieses neuen Stils könnte aber eine Rückkehr zu Neiddebatten zwischen den Bundesländern sein. Debatten à la Beherbergungsverbot, wie sie den Herbst bestimmten. Es wäre ein hoher Preis, der Vertrauen kostet.“
Zeit Online: „Keine Aufbruchstimmung für die kommenden Wochen und Monate“
„Wer keine Verantwortung annimmt und eigene Versäumnisse nicht klar benennt, der erzeugt auch keine Aufbruchstimmung für die kommenden Wochen und Monate, keine Motivation, gemeinsam anzupacken. Und die braucht es. In normalen Zeiten, da kann man schon mal Politik machen gegen ein lautes Grummeln in der Bevölkerung, ja sogar gegen die Mehrheit. Manchmal muss man das sogar.
Aber in der Pandemie ist das anders: Weil sich die Umsetzung der Corona-Maßnahmen – zum Glück! – nie in jedem privaten Detail kontrollieren lassen wird, geht es nicht ohne die Kooperation der kritischen Öffentlichkeit. Auch deshalb war das Drängen auf eine Öffnungsperspektive, nicht zuletzt der Opposition, so wichtig: Politik im Ausnahmezustand tut immer gut daran, sich selbst einen Endpunkt einzuschreiben. Zudem haben die Regierenden dann eine Zielvorgabe, an der sie sich jederzeit messen lassen können.“
Leipziger Volkszeitung: „So, wie es ist, kann es nicht bleiben“
„Am Mittwoch traten die Kanzlerin und die Ministerpräsidenten der Länder – zum wievielten Mal eigentlich? – zusammen, um über den weiteren Umgang mit der Corona-Krise zu sprechen. Dabei kam heraus, was zu erwarten war: Der Lockdown wird verlängert. Zwar sind Abstufungen geplant – allen voran für Schulen und Kindergärten sowie für Friseure. Der Rest der Republik aber soll so eingefroren bleiben, wie das Wetter jetzt Seen und Flüsse einfrieren lässt.
Das ist einerseits richtig und eine Lehre aus dem Herbst, als zu viele Ministerpräsidenten nicht so wollten, wie Angela Merkel wollte: dicht machen. Dabei lehrt der Blick nach England oder Portugal, wie schlimm es noch werden kann. Jede vorzeitige Lockerung kann im Lichte gefährlicher Mutanten zu einer medizinischen Katastrophe führen. Andererseits hat die jüngste Ministerpräsidentenkonferenz gezeigt, was bereits die vorherigen Ministerpräsidentenkonferenzen zeigten: So, wie es ist, kann es nicht bleiben.“
Handelsblatt: „Auch aus volkswirtschaftlicher Sicht ist das Vorgehen erstaunlich“
„Der Fokus auf den Haarschnitt zeigt, dass die Corona-Einschränkungen schnell ins Absurde abgleiten können. Offene Schulen und Kitas beeinflussen die Zukunftschancen von Kindern. An Friseurterminen hängen vergleichsweise kurzfristige Güterabwägungen, etwa die Farbe der Strähnchen.
Auch aus volkswirtschaftlicher Sicht ist das Vorgehen erstaunlich: Die gut 50.000 Fachbetriebe setzten vor der Pandemie etwa 6,7 Milliarden Euro um, das waren gerade einmal 0,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.
Sollten Friseure tatsächlich „unter Auflagen zur Hygiene, zur Steuerung des Zutritts mit Reservierungen sowie unter Nutzung medizinischer Masken“ aufmachen, bekommt der Staat ein Argumentationsproblem: Warum sollten Läden, die strikte Auflagen ebenfalls erfüllen können, dichtbleiben?“
Artikel von & Weiterlesen ( Presse zu Corona-Gipfel: „Alter Wein in neuen Schläuchen“, „keine Aufbruchstimmung“ - WELT )https://ift.tt/2LDQuo3
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