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Eine Million für die Dienste als Anwalt? - FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung

Im mutmaßlichen Korruptionsfall des Bundestagsabgeordneten Georg Nüßlein (ehemals CSU) ermittelt die Generalstaatsanwaltschaft München nun auch gegen den CSU-Landtagsabgeordneten und früheren bayerischen Justizminister Alfred Sauter wegen des Anfangsverdachts der Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern. Zunächst hatte am Mittwoch „Der Spiegel“ darüber berichtet, die Generalstaatsanwaltschaft bestätigte der F.A.Z. die Angaben, ohne freilich den Namen Sauter zu nennen.

Demnach hat das Landeskriminalamt Wohnungen und Büros in München und im Regierungsbezirk Schwaben durchsucht, wo Sauter seinen Stimmkreis hat. Der Landtag bestätigte ebenfalls die Durchsuchung eines Abgeordnetenbüros.

Wann hat Sauter das Geld gespendet?

Hintergrund der Ermittlungen ist Sauters Rolle in einem millionenschweren Geschäft mit Corona-Schutzausrüstung, die eine hessische Textilfirma unter anderem an die Bayerische Staatsregierung verkauft hatte. Anfang März hatte Sauter der „Augsburger Allgemeinen“ gesagt, er habe im vergangenen Jahr als Rechtsanwalt mindestens einen Vertrag für ein Corona-Maskengeschäft mit dem bayerischen Gesundheitsministerium erstellt.

Von dem Lieferunternehmen habe er „eher zufällig“ erfahren und dann im Ministerium nachgefragt. „In meiner Tätigkeit als Anwalt habe ich dann den Vertrag aufgesetzt, an die Beteiligten geschickt und mit diesen besprochen – alles über meine Kanzlei.“ Als Abgeordneter sei er in dieser Sache „nie tätig“ gewesen.

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Nach Informationen der F.A.Z. hat Sauter sein Anwaltshonorar gespendet, angeblich für einen gemeinnützigen Zweck. Das teilte er am Mittwoch der Parteiführung mit. Er machte allerdings keine Angaben über die Höhe des Honorars, also auch nicht darüber, ob dieses sich im üblichen Rahmen bewegt hat. Laut „Süddeutscher Zeitung“ könnte es insgesamt um rund eine Million Euro gehen, die Sauter ganz oder teilweise zukommen sollten oder bereits an ihn geflossen sind.

Sauter sagte auch nicht, wann genau er das Geld gespendet hat. Nach F.A.Z.-Informationen war es nicht am Mittwoch, geschah also nicht unter dem unmittelbaren Druck der Ermittlungen. Interessant für die politische Bewertung ist allerdings, ob Sauter das Geld gespendet hat, als die Ermittlungen zu Nüßlein schon öffentlich waren – oder zuvor. Bisher hatte sich Sauter auch gegenüber seiner eigenen Partei auf seine anwaltliche Schweigepflicht berufen. CSU-Chef Markus Söder hatte am Montag auf die Frage, ob Sauter sich äußern solle, mitgeteilt, es scheine „rechtliche Fragen“ zu geben, die das verhinderten. Insofern müsse man die Regeln ändern.

Am Mittwoch nun forderte CSU-Generalsekretär Markus Blume Sauter auf, sofort alle Parteiämter zurückzugeben. Seine Angaben seien unzureichend, die Vorwürfe schwerwiegend. Blume drohte „sämtliche Maßnahmen des Parteiordnungsrechts“ an. Der Chef der CSU-Landtagsfraktion, Thomas Kreuzer, forderte Sauter auf, sein Mandat niederzulegen.

Söder verlangt „lückenlose“ Aufklärung

Der Landtag leitete ein formales Prüfverfahren ein. Es gehe um den Verdacht des Verstoßes gegen die Verhaltensregeln für Abgeordnete, sagte Landtagspräsidentin Ilse Aigner, ebenfalls CSU. Söder verlangte eine „lückenlose“ Aufklärung. Die Maskenaffäre gefährde mittlerweile das Vertrauen der Bürger in die Demokratie. Es bestehe auch die Gefahr, dass die CSU nachhaltig geschädigt werde.

Am Mittwochnachmittag schaltete sich Sauter bei der zum Teil virtuell abgehaltenen Fraktionssitzung zu. Die angebliche Nonchalance seines Auftritts irritierte mehrere Fraktionsmitglieder. Fraktionschef Kreuzer soll ihm klar gemacht haben, dass nicht gegen die Fraktion oder die Partei ermittelt werde, sondern gegen ihn. Sauter machte deutlich, dass er die Vorwürfe gegen ihn für unbegründet hält. Er habe das Geld nicht nur gespendet, sondern auch ordnungsgemäß versteuert.

Sauter, seit 1990 im Landtag, ist ein erfolgreicher Anwalt. Zuletzt hat er sich in einer Kanzlei mit Peter Gauweiler zusammengetan, einem Kompagnon aus Junge-Union-Tagen. In der Partei ist Sauter seit langem präsent und mächtig, wenn auch eher im Hintergrund. Noch immer sitzt er im Präsidium der CSU, auch sein Landtagsmandat wollte der inzwischen Siebzigjährige nicht für einen Jüngeren abtreten.

Unter Edmund Stoiber war Sauter für kurze Zeit Justizminister, er stolperte aber über mehrere Affären, etwa um die staatliche Landeswohnungs- und Städtebaugesellschaft Bayern GmbH (LWS), die Hunderte Millionen Mark Verlust gemacht hatte und deren Aufsichtsratsvorsitzender er von 1993 bis 1998 war. Sauter kam einer Entlassung durch Rücktritt zuvor. Er fühlte sich damals insbesondere von Stoiber fallengelassen, als „Menschenopfer“. Seinem Einfluss in der CSU tat das allerdings keinen großen Abbruch.

Sauter gilt als enger Vertrauter des ehemaligen CSU-Chefs Horst Seehofer; beide sind mehrfach zusammen im Urlaub gewesen. Aber auch Seehofers Nachfolger Markus Söder soll Sauters Urteil schätzen, zumindest bis jetzt. Sauter kommt aus demselben Wahlkreis wie Georg Nüßlein, der eine hohe Provision für die Vermittlung eines Maskengeschäfts erhalten und diese nicht versteuert haben soll.

„CSU-Abgeordnete missbrauchen ihr Mandat“

Konkret soll Nüßlein von einem Geschäftsmann über eine von dessen Firmen 660.000 Euro dafür erhalten haben, dass er sich als Abgeordneter für die nämliche hessische Textilfirma bei Ministerien und Behörden eingesetzt hat. Ohne Sauters Wohlwollen wäre die Kandidatur des in seiner Heimat nicht übermäßig beliebten Nüßlein für den Bundestag kaum zustande gekommen.

Der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bayerischen Landtag, Ludwig Hartmann, sagte der F.A.Z.: „Nach Nüßlein belegen die Sauter-Ermittlung und diverse Medienberichte: Die CSU hat ein strukturelles Problem beim Verhältnis zu Wirtschaft und Staat. CSU-Abgeordnete missbrauchen ihr Mandat und machen sich den Staat zur Beute: Söder muss endlich seinen Laden aufräumen. Oder muss immer erst die Staatsanwaltschaft anrücken, bevor reagiert wird?“ Sauter war für die F.A.Z. am Mittwoch nicht erreichbar.

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