Angesichts weiter steigender Corona-Infektionszahlen schicken Bund und Länder Deutschland über Ostern in den schärfsten Lockdown seit Beginn der Pandemie vor einem Jahr. Vom 1. bis einschließlich 5. April, also vom Gründonnerstag bis Ostermontag, soll das öffentliche, wirtschaftliche und private Leben weitgehend heruntergefahren werden, um die dritte Welle der Pandemie zu durchbrechen.
Das haben Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten der Länder in der Nacht zum Dienstag entschieden. Die Beratungen zogen sich über Stunden hin – nach massiven Auseinandersetzungen wurde die Debatte in großer Runde zwischen 18.30 und ein Uhr unterbrochen. Der seit Monaten andauernde Lockdown wird bis zum 18. April verlängert.
Der Gründonnerstag und Karsamstag werden demnach einmalig als Ruhetage definiert und mit weitgehenden Kontaktbeschränkungen verbunden. „Es gilt damit an fünf zusammenhängenden Tagen das Prinzip #WirBleibenZuHause“, heißt es in dem Papier. Nur am Karsamstag soll demnach der Lebensmittelhandel im engeren Sinne geöffnet bleiben. Private Zusammenkünfte sollen auf den eigenen Haushalt und einen weiteren Hausstand, jedoch maximal fünf Personen beschränkt werden. Kinder bis 14 Jahre werden nicht mitgezählt. Paare gelten als ein Haushalt.
Außengastronomie muss schließen, wo sie offen ist
Ansammlungen im öffentlichen Raum werden dem Beschluss zufolge in dieser Zeit generell untersagt. Wo bereits Außengastronomie offen ist, muss sie für diese fünf Tage wieder geschlossen werden. Nur Impf- und Testzentren sollen offen bleiben.
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Kanzlerin Merkel sieht Deutschland in einer „sehr, sehr ernsten Lage“ angesichts der Ausbreitung der Virusvarianten und steigender Infektionszahlen. Die entscheidenden Begriffe seien „Vorsicht und Flexibilität“, sagte Merkel nach Abschluss der Beratungen mit den Ministerpräsidenten.
Für Urlauber im Ausland soll über eine Änderung des Infektionsschutzgesetzes eine generelle Testpflicht vor dem Rückflug eingeführt werden. Sie soll zur Voraussetzung für die Einreise nach Deutschland gemacht werden.
Über die Osterfeiertage soll es nach Möglichkeit keine Präsenzgottesdienste geben. Mit einer entsprechenden Bitte wollen Bund und Länder auf die Religionsgemeinschaften zugehen.
In Landkreisen mit einer Sieben-Tage-Inzidenz von über 100 sollen die geltenden Corona-Beschränkungen noch einmal verschärft werden. Dazu können Ausgangsbeschränkungen, verschärfte Kontaktbeschränkungen und eine Tragepflicht medizinischer Masken von Mitfahrern auch im privaten Pkw zählen.
Der Bund plant zudem zusätzliche Corona-Hilfen für Firmen. „Für die Unternehmen, die im Rahmen der Corona-Pandemie besonders schwer und über eine sehr lange Zeit von Schließungen betroffen sind, wird die Bundesregierung ein ergänzendes Hilfsinstrument im Rahmen der europarechtlichen Vorgaben entwickeln“, heißt es im Beschlusspapier.
Wie genau diese ergänzenden Hilfen aussehen sollen, blieb zunächst offen. Denkbar sind etwa zusätzliche Programme für besonders betroffene Branche wie den Tourismus oder die Gastronomie.
Der Bund hat in der Krise bereits milliardenschwere Hilfsprogramme beschlossen. Wirtschaftsverbände kritisieren aber immer wieder, Hilfen kämen zu spät an, außerdem sei das Fördersystem zu komplex. Zuletzt hatten sich Bund und Länder auf einen Härtefallfonds geeinigt für Firmen, die bisher durchs Raster fallen.
Mehr Tests werden angestrebt
Für Schüler, Lehrkräfte und Kita-Beschäftigte wollen Bund und Länder Corona-Tests ausweiten und streben „baldmöglichst zwei Testungen pro Woche“ an. Seit Kurzem werden an Schulen und Kitas Selbsttests ausgegeben. Die Verteilung und Organisation läuft regional unterschiedlich gut, und über die praktische Umsetzung wird vielerorts noch diskutiert, beispielsweise über die Frage, ob die Tests zu Hause oder in der Schule stattfinden sollen.
Es geht dabei vor allem um die einfacher zu handhabenden Tests, ohne tiefen Nasen- oder Rachenabstrich. Daneben werden weiterhin auch herkömmliche Schnelltests angeboten, die von geschultem Personal durchgeführt werden. Rechnerisch würden bei zwei Tests pro Woche für das komplette Kita- und Schulpersonal sowie alle Schüler in Deutschland mehr als 20 Millionen Tests wöchentlich benötigt.
Zur Organisation des weiteren Betriebs von Schulen und Kitas, etwa zu möglichen Schließungen oder anderen Einschränkungen trafen Merkel und die Ministerpräsidenten keine konkreten Vereinbarungen. Die Länder regeln diese Fragen damit weiterhin in Eigenregie.
Schwierigste Verhandlungsrunde seit Ausbruch der Pandemie
Vorausgegangen war den Beschlüssen die schwierigste Verhandlungsrunde von Kanzlerin und Länderregierungschefs seit dem Ausbruch der Pandemie. Mehr als elf Stunden lang wurde verhandelt – wegen eines Streits über sogenannten „kontaktarmen Urlaub“ im eigenen Bundesland war die große Runde allerdings stundenlang unterbrochen.
Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz drangen darauf, ihren Bürgern Urlaub in Ferienwohnungen, Ferienhäusern, Appartements, Wohnwagen und Wohnmobilen möglich zu machen, sofern diese über eigene Sanitäreinrichtungen verfügen und auch das Essen in Eigenregie organisiert werden kann. Davon ist im Beschluss nichts mehr zu finden.
Dem Vernehmen nach zeigte sich Kanzlerin Merkel bei der Unterbrechung der Beratungen unzufrieden. Sie habe argumentiert, die bis dahin geeinten Maßnahmen reichten nicht aus, um die Infektionsdynamik zu brechen. So könne man in der Öffentlichkeit nicht bestehen.
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