Stand: 12.08.2021 17:07 Uhr
Bis morgen früh wollen Lokführer den Personenverkehr der Bahn bestreiken. Der bundesweite Ausstand bringt auch heute in Norddeutschland starke Einschränkungen im Fern- und Regionalverkehr mit sich. Die Bahn erwartet für morgen allerdings eine schnelle Normalisierung der Lage.
"Hunderte DB-Mitarbeitende in Leitstellen, Disposition, Werken und beim Bordservice arbeiten derzeit daran, nach dem Streik-Ende so schnell wie möglich wieder das vollständige Fahrplan- und Serviceangebot sicherzustellen", teilte die Deutsche Bahn am Nachmittag mit. Fahrgäste sollten sich jedoch vorab über ihre geplante Zugverbindung informieren, hieß es. Die Züge dürften demnach morgen und am Wochenende sehr voll sein. Man rechne mit den reisestärksten Tagen in diesem Jahr. Viele hätten ihre Reisen wegen des Streiks auf diese Tage verschoben. Zudem werde wegen der Ferien in zwölf Bundesländern und des sommerlichen Wetters eine hohe Auslastung erwartet.
Zurzeit fallen drei Viertel der Fernverbindungen aus
Bis morgen läuft der Verkehr auf der Schiene allerdings noch sehr eingeschränkt. Die Bahn hat wegen des Streiks der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) im Fernverkehr etwa 75 Prozent der Verbindungen gestrichen. Im Regionalverkehr gebe es "starke Einschränkungen". Mithilfe eines Ersatzfahrplans soll ein Mindestangebot aufrechterhalten werden. Die Bahn konnte heute nach eigenen Angaben aber mehr Fernzüge einsetzen als gestern. Insgesamt seien 220 ICE und Intercity im Einsatz, 20 mehr als am Vortag. Man habe weitere Reserven mobilisieren können. Viele Züge seien gestern stark besetzt gewesen, hieß es. An normalen Tagen fahren im Fernverkehr etwa 800 Züge.
Deutsche Bahn: Vorab über geplante Zugreisen informieren
Die Deutsche Bahn informiert auf ihrer Website und unter der kostenlosen Hotline-Nummer 08000 99 66 33 über gestrichene Verbindungen und Ersatzfahrpläne. Vorstandsmitglied Martin Seiler sagte, den Fahrgästen wolle man maximale Kulanz gewähren.
Weitere Informationen
Niedersachsen: Viele Ausfälle - Metronom meist planmäßig
Viele Regionalzüge verkehren in Niedersachsen zumindest im Zweistundentakt. Im Nordosten Niedersachsens ist das Unternehmen "Start Unterelbe" zwischen Stade und Hamburg betroffen. Dort sollen laut Bahn Notfallpläne greifen. Der Metronom soll zumeist planmäßig fahren, es sei denn, relevante Stellwerke seien von den Streiks betroffen, sagte ein Metronom-Sprecher auf NDR Anfrage. Auch Fahrgäste der S-Bahn müssen sich weiterhin auf Ausfälle und Verspätungen einstellen. Wie bereits gestern verkehrt die S5 zum Flughafen Hannover etwa nur im Stundentakt, ebenso die S4. Die Linien S1 und S2 sollen im Zweistundentakt angeboten werden. Im Fernverkehr hat die Deutsche Bahn ihr Angebot auf ein Viertel reduziert. Im Regionalverkehr werden etwa 40 Prozent des Verkehrs aufrechterhalten.
MV: Verbindungen der Odeg nicht direkt betroffen
In Mecklenburg-Vorpommern hat die Deutsche Bahn Ersatzangebote mit Zügen oder Bussen eingerichtet. Auf den Linien RE7 Stralsund - Greifswald, RB17/18 Wismar - Schwerin - Ludwigslust sowie RB25 Velgast - Barth kann dem Unternehmen zufolge aber weder ein reduzierter Ersatzfahrplan noch ein Busersatzverkehr angeboten werden. Nicht direkt vom Streik betroffen sind die Verbindungen der Ostdeutschen Eisenbahn (Odeg), die mehrere Linien in Mecklenburg-Vorpommern bedient. Die Züge seien am Mittwoch weitgehend planmäßig gefahren, aber deutlich voller gewesen als sonst, sagte eine Sprecherin.
Schleswig-Holstein: Viele Sylt-Pendler kamen zu spät zur Arbeit
In Schleswig-Holstein ist vor allem der Regionalverkehr betroffen. Auf einigen Strecken können Passagiere vereinzelt auf Busse ausweichen. Mithilfe eines Ersatzfahrplans soll auch im Norden ein Mindestangebot aufrechterhalten werden. Im Rahmen des Ersatzfahrplans wird zwischen Westerland (Sylt) und Niebüll überwiegend ein Zweistundentakt mit einer Verdichtung zu den Hauptverkehrszeiten angeboten. Zwischen Niebüll und Husum fahren vereinzelt Züge. Der Autotransport nach Sylt ist laut Deutscher Bahn nicht von den Streikmaßnahmen betroffen, hier gilt der Regelfahrplan. Sylt-Pendler klagten im Gespräch mit dem NDR über große Probleme, zur Arbeit zu kommen.
Hamburg: Auch S-Bahn wird bestreikt
In Hamburg wird auch der S-Bahn-Verkehr bestreikt. "Auf allen Strecken des S-Bahn-Netzes wollen wir jeweils mit den Linien S1, S21 und S3 einen 20-Minuten-Takt anbieten", sagte ein Sprecher am Mittwoch. Die Linien S31 und die Verstärkerlinien S2 und S11 müssten jedoch bis Freitag früh ausfallen.
GDL-Vize: Entscheidung über weitere Streiks nächste Woche
Die GDL hat bekräftigt, erst in der kommenden Woche über mögliche weitere Streiks bei der Deutschen Bahn zu entscheiden. Man werde zunächst bewerten, wie der Bahn-Vorstand auf den ersten Streik reagiert, sagte der Vize-Vorsitzende der GDL, Norbert Quitter. Dass die Eisenbahner nach dem Streik-Ende in der Nacht zum Freitag die Arbeit wieder aufnehmen, sei keine Frage. Man werde gemeinsam versuchen, das bevorstehende Wochenende für die Reisenden zu bewältigen. Die GDL hatte sich gestern zufrieden über den Auftakt des Arbeitskampfes geäußert. "Die Streikbeteiligung ist sehr hoch", sagte ein Sprecher des Bezirks Nord. Bereits am Dienstagabend hatte ein Streik im Frachtverkehr bei der DB Cargo begonnen.
Gewerkschaftschef Claus Weselsky berief für Freitagvormittag eine Pressekonferenz ein, auf der er seine Bilanz des Arbeitskampfs vorstellen will. Die Solidarität der Mitglieder sei über alle Berufsgruppen hinweg riesengroß gewesen, teilte die Gewerkschaft bereits mit. "Sie alle haben der Deutschen Bahn die Rote Karte gezeigt."
Deutsche Bahn bietet weitere Verhandlungen an
Bahn-Vorstandsmitglied Martin Seiler kritisierte, die GDL habe sich nicht an ihre Ankündigung gehalten, den Kunden ausreichend Vorlauf zu lassen, bevor der Streik beginnt. Das Unternehmen rief die GDL zurück an den Verhandlungstisch. Es lägen für deren Forderungen Lösungsvorschläge vor.
Streit über Laufzeitbeginn für Tariferhöhungen
Die GDL will 1,4 Prozent Lohnerhöhung und eine "Corona-Prämie" von 600 Euro für das Jahr 2021 sowie eine Erhöhung um 1,8 Prozent für das Jahr 2022 erreichen. Die Laufzeit soll 28 Monate betragen. In dem Tarifkonflikt hatte die Bahn der Gewerkschaft zuletzt ebenfalls eine Lohnerhöhung von 3,2 Prozent in zwei Schritten ergänzt durch weitere Leistungen etwa bei der Altersvorsorge und einen Kündigungsschutz angeboten. Uneinig sind sich die Parteien allerdings bei der Laufzeit und dem Zeitpunkt, ab wann die Lohnerhöhungen gelten sollen. Die Bahn will erst später erhöhen: um 1,5 Prozent ab Januar 2022 und weitere 1,7 Prozent ab März 2023. Laufen soll der Tarifvertrag nach Vorstellung des Unternehmens bis Ende Juni 2024.
Machtkampf der Gewerkschaften
Zwischen der GDL und der größeren Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) gibt es in der Deutschen Bahn einen Machtkampf. Da die Bahn das Tarifeinheitsgesetz umsetzen muss, gilt bei ihr anschließend nur noch der Vertrag mit der größeren Gewerkschaft. Das ist derzeit meist die EVG. Die GDL versucht daher, mit möglichst hohen Abschlüssen für möglichst viele Beschäftigte Mitglieder zu gewinnen. Die EVG hatte schon im vergangenen Herbst einen Tarifabschluss mit der Bahn unterschrieben. Dieses Jahr gab es eine Nullrunde. Anfang 2022 erhalten die Beschäftigten 1,5 Prozent mehr Geld. Betriebsbedingte Kündigungen sind ausgeschlossen.
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