Es ging um die großen Fragen. Der Deutsche Gewerkschaftsbund hatte die Spitzenkandidaten von Union, SPD, Grüne, FDP und Linke eingeladen, um zu fragen, wie die Parteien gedenken, Wirtschaft und Gesellschaft fit für die Zukunft machen und die „sozial-ökologische Transformation“ zu gestalten. Insofern sie nach der Bundestagswahl es denn in eine Regierung schaffen würden.
Das Format, in dem die fünf Politiker per Videokonferenz zusammengeschaltet waren, ließ wenig Raum für direkte Debatten – jeder Spitzenkandidat bekam zwei Minuten, um ein Themenfeld zu beackern, drei Runden lang ging das so. Themen: Investitionen, politische Instrumente für den Umbau und die Frage von Mitbestimmung, Qualifizierung sowie Beschäftigungsentwicklung.
Vor allem SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz, Linke-Chefin Janine Wissler und der FDP-Vorsitzende Christian Lindner stellten im Prinzip noch mal vor, was sowieso schon in ihren Wahlprogrammen steht. Nur Unionskanzlerkandidat Armin Laschet und Grünen-Chefin Annalena Baerbock lieferten sich einen Schlagabtausch – und so geriet der Fünfkampf zu einem Duell. Nach der Veröffentlichung einer Umfrage von Dienstag, in der die SPD erstmals seit 15 Jahren vor der Union lag, konnte man sich fragen: Sieht so nun der Kampf um Platz zwei aus?
Scholz ließ den Elfmeter gegen Laschet liegen, Baerbock verwandelte
In seiner ersten Antwort legte Laschet beim Thema Investitionen den Fokus auf Bürokratieabbau. In vielen Feldern gebe es längst Geld. „Aber es ist so bürokratisch kompliziert bereitgestellt, dass es nicht abfließt.“ Deswegen müssten vor allem Plan- und Genehmigungsverfahren beschleunigt werden. Der NRW-Ministerpräsident bekräftigte zudem sein Nein zu Steuererhöhungen. Nach der Pandemie sei es im Interesse aller, dass Unternehmen investierten. „Da wären Steuererhöhungen Gift und deshalb ist das zum jetzigen Zeitpunkt der falsche Ansatz.“
WELT-Duell – Linke-Chefin Wissler vs. CDU-Generalsekretär Ziemiak
Von schlechten Ergebnissen in den Umfragen bis zur starken Kritik an der Außenpolitik: Die Linkenchefin Janine Wissler und der CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak stellen sich den Fragen von WELT-Chefmoderatorin Tatjana Ohm und Robin Alexander, stellvertretender Chefredakteur WELT.
Quelle: WELT
Raum für Attacke gab er gleich zu Beginn, indem er davon sprach, man müsse die Lage zunächst einmal „analysieren“. Das klingt eher nach merkelschem Weiter-so als der Start in das von ihm versprochene „Modernisierungsjahrzehnt“. Scholz, der nach ihm dran war, ließ den Elfmeter liegen, Baerbock verwandelte.
„Es fehlt nicht an Analyse, sondern es fehlt an einer Politik des Machens“, setzte sie die erste Spitze gegen Laschet. In drei Bereichen müsse es Investitionen geben: Klimainfrastruktur („Ausbau von Erneuerbaren und von Wasserstoffinfrastruktur“), Soziales („Kitas, Schulen, Schwimmbäder, Bibliotheken“) und Digitalisierung der Verwaltung. Man lese es auf allen Wahlplakaten, dass sich die Parteien in vielem einig seien. „Aber jetzt steht zur Abstimmung: Nehmen wir dieses Geld auch wirklich in die Hand? Oder versprechen wir irgendwie was, was in Zukunft nicht kommt?“
Wie sie die grüne Transformation gestalten würde, beschrieb Baerbock sodann an einem bereits bekannten Konzept ihrer Partei: dem Industriepakt. Unternehmen sollen dabei bei der Transformation zur mehr Klimafreundlichkeit unterstützt werden – und im Gegenzug Arbeitsplätze erhalten. Es brauche zudem einen „Strategiedialog“ mit den wichtigsten Akteuren an einem Tisch, so wie es Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) in Baden-Württemberg mit der Automobilbranche vorgemacht hätte, sagte Baerbock.
Bürgernähe, check
In seiner Erwiderung setzte Laschet auf die Karte des erfahrenen Landespolitikers, der im Gegensatz zu Baerbock praktische Erfahrung mit der Regierungspraxis hat. Er wolle der Beschreibung der Grünen-Chefin – es sei nichts passiert und man müsse jetzt mal beginnen mit einem „Dialog“ – widersprechen. Es sei doch etwas sehr Großes passiert: der Kohleausstieg. „Da haben wir genau den Weg angewandt, den hier jetzt alle so in theoretischen Beschreibungen sich wünschen.“ Die Kohlekommission sei genau ein Beispiel für eine möglichst breite Beteiligung von Wirtschaft und Zivilbevölkerung. Das Ergebnis sei der Ausstieg bis spätestens 2038 und 40 Milliarden für betroffene Regionen. „Dann gehört aber dazu, am nächsten Tag zu den Beschäftigten zu gehen. Ich weiß nicht, ob Ihnen das je, Frau Baerbock, möglich war, sich für 1000 Bergleute zu stellen und denen zu sagen, ihr werdet in den Vorruhestand gehen.“ Den Prozess einer ökologischen Wende zu gestalten, sei komplizierter als immer neue Ziele festzulegen.
Baerbock stieg darauf ein. „Es reicht nicht, nur Stippvisiten zu machen, sondern immer wieder im Dialog zu sein“ – beispielsweise in der Lausitz. Sie habe gerade erst wieder mit einem Stahlkocher gesprochen. Bürgernähe, check. Der habe ihr erzählt, fünf Jahre hätten sie noch, um auf „grünen Stahl“ umzusteigen, ansonsten wandere das Unternehmen ins Ausland ab. „Die Politik, die sagt ‚schauen wir mal‘ führt dazu, dass wir den Industriestandort Deutschland und damit auch die Beschäftigten massiv gefährden.“ Ihr Angebot an die Belegschaft in von einer ökologischen Transformation besonders betroffenen Branchen sei eine „Politik, auf die man sich verlassen kann“.
Die Grünen stehen für Verlässlichkeit? Das konnte Laschet kaum auf sich sitzen lassen. Wenn es einen Konsens gebe, in dem Arbeitnehmern ein Kohleausstieg bis 2038 zugesagt werde, könne dieser nicht „direkt wieder infrage gestellt werden“, so der CDU-Politiker. Verlässlichkeit des Staates müsse auch dann gelten, wenn sie unpopulär würde. Stich gegen die Grünen, die einen Ausstieg bis 2030 fordern. Ein kleines Schlupfloch aber behielt sich Laschet bei der Frage des Kohleausstiegs: Immerhin sehe der Kohlekompromiss auch vor, dass zwischendurch evaluiert werde, ob es schneller gehe. „Ich bin sicher, der Marktpreis wird es sogar schneller ermöglichen.“
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