Der insolvente Zahlungsabwickler Wirecard hat offenbar einen Käufer für seine britische Tochter gefunden. Die Wirecard Card Solutions (WCS) werde an den Konkurrenten Railsbank veräußert, berichten die "Times" (kostenpflichtig) und der Dienst "Sifted FT" am Frreitag. Insolvenzverwalter Michael Jaffé (57) bestätigte Freitagmittag, dass man sich mit dem britischen Konkurrenten Railsbank Technology grundsätzlich über einen Verkauf der Großbritannien-Tochter einig sei, nannte aber keine Details.
Beide Medien zitieren Railsbank-Chef und -Mitgründer Nigel Verdon mit der Aussage, er wolle Kunden eine gewisse Sicherheit geben und das Image seiner Firma nutzen, um das verlorene Vertrauen in den ganzen Payment-Sektor wieder herzustellen. Die britische Railsbank ist ein 2016 gegründetes Startup im Fintech-Bereich. Das in London ansässige Unternehmen habe Sifted bestätigt, dass es der WCS einen Kaufzeitplan vorgelegt habe, der im November abgeschlossen werden soll. Zu dem möglichen Kaufpreis wurde nichts bekannt. Bei Wirecard und dem Insolvenzverwalter des Konzerns war zunächst niemand zu erreichen.
Railsbank soll die Zahlungskartentechnologie und die damit verbundenen Vermögenswerte übernehmen - dazu zählen auch Kunden und Mitarbeiter. Das verbleibende Geschäft werde voraussichtlich nach Abschluss der Transaktion abgewickelt. Wirecard wäre dann auf dem britischen Markt Geschichte.
Die britische Wirecard-Tochter mit Sitz in Newcastle musste bereits Ende Juni aufgrund einer Anordnung der zuständigen Aufsichtsbehörde (Financial Conduct Authority) die Geschäfte unterbrechen. Wirecard Card Solutions zählte bis dahin einige der führenden britischen Fintech-Unternehmen zu seinen Kunden - unter anderem Curve, TenX, Holvi, Crypto.com, Revolut oder Pockit. Kreditkarten-Partner sind dann zumeist Visa und Mastercard.
Insgesamt habe WCS über mehr als 70 Kunden gezählt. Eine ganze Reihe von Fintechs soll mit der Insolvenz des Mutterkonzerns aber vorsichtshalber zu neuen Partnern abgewandert sein, so dass WCS nur noch ein Teil des früheren Kundenstamms geblieben sei. "Sifted" zufolge soll WCS im Jahr 2018 einen Vorsteuergewinn in Höhe von 2,5 Millionen Pfund Sterling erwirtschaftet haben.
Insolvenzverwalter findet Käufer für Wirecards Brasilien-Tochter
Ist der Verkauf der britischen Tochter noch nicht abgeschlossen, so konnte Jaffé am Freitag gleichwohl den Verkauf der Brasilien-Tochter an die in New Yorker gelistete PagSeguro mitteilen. Auch weitere Verkaufsprozesse für die verwertbaren Teile von Wirecard machten Fortschritte: So würden für das US-Geschäft in Kürze die bindenden Gebote fällig. Der Verkauf des deutschen Kerngeschäfts gehe in die nächste Phase. "Es gibt mehrere namhafte Interessenten, die indikative Angebote abgegeben haben", so Jaffe.
Das in Aschheim bei München ansässige Wirecard wickelt als Zahlungsdienstleister die bargeldlosen Geldflüsse zwischen Händlern auf der einen und Banken sowie Kreditkartenfirmen auf der anderen Seite ab. Weltweit beschäftigte der Konzern knapp 6000 Menschen. Auslöser für den Insolvenzantrag war das Eingeständnis mutmaßlicher Luftbuchungen in Höhe von 1,9 Milliarden Euro.
Die Münchener Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Ex-Vorstandschef Markus Braun (50) und weitere ehemalige und aktive Spitzenmanager unter anderem auch wegen gemeinschaftlichen bandenmäßigen Betrugs, Untreue, Bilanzfälschung und Börsenmanipulation. Das Münchener Amtsgericht hatte den Anwalt Michael Jaffé (57) als Insolvenzverwalter eingesetzt.
August 21, 2020 at 04:56PM
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Käufer für Brasilien-Tochter, britische Tochter vor Verkauf: Die Zerlegung von Wirecard beginnt - manager magazin
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Der Verkauf
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