Betrüger haben sich in rund 25.000 Fällen durch falsche Angaben bundesweit Corona-Soforthilfen in signifikanter dreistelliger Millionenhöhe erschlichen. Nach dem Bericht von WELT AM SONNTAG darüber beginnt nun die Suche nach den Schuldigen.
Das von Peter Altmaier (CDU) geführte Wirtschaftsministerium hatte das Sofortprogramm aufgelegt, die Banken in den Bundesländern die Mittel ausgezahlt. Altmaiers Haus macht deshalb die Länder verantwortlich.
Doch wer ist schuld an dem Fiasko? Florian Toncar, der FDP-Innen- und -Rechtsexperte im Bundestag, kann das Schwarze-Peter-Spiel nicht verstehen. „Die zuständigen Minister Peter Altmaier und Olaf Scholz müssen umgehend einen Bund-Länder-Gipfel einberufen, um festzulegen, wie die durch Betrug erschlichenen Gelder wieder zurückgeholt werden können“, fordert Toncar.
Die Dimension des Betrugs ist weitaus größer, als die Fallzahlen belegen. „Das ist nur ein kleiner Ausriss“, sagt Jochen Sindberg, der die Abteilung Wirtschaftskriminalität im Berliner Landeskriminalamt (LKA) leitet.
Der Behörde lägen mehr als 10.000 noch unbearbeitete Anzeigen zu dem Subventionsbetrug vor. Das LKA hatte frühzeitig davor gewarnt, per Rundschreiben am 3. April 2020.
Das Fiasko ist in Berlin besonders groß
Warum lief besonders in der Hauptstadt so viel schief? Die Investitionsbank Berlin (IBB) zahlte die Hilfen in kurzer Zeit aus, die Staatsanwaltschaft ermittelt nun gegen vier Bankmanager wegen des Verdachts der Untreue.
Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) lässt auf den Bund verweisen. „Die IBB bearbeitet als Bewilligungsstelle des Landes Berlin die Anträge gemäß den Vollzugshinweisen des Bundes“, heißt es in ihrer Verwaltung.
Die IBB wiederum weist alle Vorwürfe zurück und belastet die rot-rot-grüne Landesregierung. „Die IBB hat das Förderprogramm Corona-Hilfen in enger Abstimmung mit den zuständigen Senatsverwaltungen für Wirtschaft, Energie und Betriebe sowie Finanzen gemäß vorliegenden Beschlüssen des Senats und Abgeordnetenhauses von Berlin umgesetzt“, so die Bank.
Moscheevereine und Islamisten profitierten
Zu allem Überfluss profitierten in Berlin auch Islamisten von den Hilfen. Die Staatsanwaltschaft, bei der 50 Verfahren gegen Islamisten und Moscheevereine anhängig sind, „erwartet bald Anklagen“.
Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, sagt: „Dass in Berlin auch noch Extremisten abgesahnt haben, ist unglaublich. Der Staat finanziert mit seiner Schlampigkeit auch noch diejenigen, die ihn bekämpfen.“
Salafisten kassieren illegal Corona-Hilfen
In Berlin hat die Polizei mehrere Wohnungen von Salafisten durchsucht. Der Verdacht: Sie sollen durch Betrug mit Corona-Soforthilfen mehrere Tausend Euro erbeutet haben. Es gibt sogar Verbindungen zum Anschlag auf den Breitscheidplatz.
Quelle: WELT
Er gibt dem Senat die Schuld für die Missstände: „Im Roten Rathaus wird nicht regiert, sondern geplündert, anders kann man das nicht mehr nennen.“ Er hat allerdings kaum Hoffnung, dass die Beträge jemals wieder zurückgeholt werden. Bund und Länder schöben sich gegenseitig die Schuld zu. „Mal wieder regiert die organisierte Unverantwortlichkeit“, so Wendt.
Auch Unionsvizefraktionschef Thorsten Frei (CDU) geht mit dem Berliner Senat ins Gericht: „Angesichts der enormen Häufung der Zahl von Fällen in der Bundeshauptstadt muss man sich ernsthaft fragen, ob der rot-rot-grüne Senat nicht in der Lage ist, ein solches Programm vernünftig zu administrieren“, so Frei. In Berlin hat die Staatsanwaltschaft bislang 2600 Verfahren mit Betrugsverdacht registriert.
Der stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Jörg Radek, äußert sich kritisch: „Die Betrugskriminalität hat sich der Pandemie angepasst, Kriminelle reagieren auf die Ausnahmesituation. Wo Geld im Spiel ist, sind die Betrüger schnell dabei.“ Ihnen müsse endlich mit aller Konsequenz das Handwerk gelegt werden. „Es sei ein Irrtum zu glauben, dass die Kriminalität wegen der Corona-Krise zurückgeht. Sie sucht sich nur neue Wege“, mahnt Radek.
Dirk Wiese, der stellvertretende SPD-Fraktionschef im Bundestag, zeigt sich angesichts der hohen Anzahl polizeilich erfasster Betrugsfälle besorgt. Er fordert, dass dazu ein Lagebild erstellt wird. „Es ist dringend notwendig, ein Lagebild zu erstellen, um sichtbar zu machen, ob hier Bereiche der organisierten Kriminalität eingebunden sind. Wir müssen gezielt dagegen vorgehen, dass wichtige Hilfen, die bei den ehrlichen Kaufleuten vor Ort ankommen müssen, durch kriminelle Energie missbraucht werden“, sagt Wiese.
Gerade im Bereich der organisierten Kriminalität sei „noch einiges zu optimieren.“ Dies ist offenbar wichtiger, als nur die Schuldfrage zu klären.
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