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Anschlag in Hanau: "Für Betroffene ist Hanau immer (noch) und überall" - ZEIT ONLINE

Zum Jahrestag des rassistisch motivierten Anschlags in Hanau an diesem Freitag haben Organisationen aus Hessen und ganz Deutschland zu einem entschiedenen Eintreten gegen Rassismus und Rechtsextremismus aufgerufen. Knapp 3.000 Menschen erinnerten in der Frankfurter Innenstadt an die Tat und seine Opfer. Bei einer Kundgebung vor dem Hauptbahnhof und einem anschließenden Demonstrationszug trugen dutzende Demonstranten Bilder mit Porträts der Getöteten oder Plakate mit der Aufschrift "Say their names".  In Sprechchören skandierten sie immer wieder "Hanau war kein Einzelfall".

Die Türkische Gemeinde in Deutschland (TGD) und der Zentralrat der Juden mahnten vor dem Jahrestag nachhaltige Unterstützung für die Hinterbliebenen der Opfer an. "Denn für Betroffene ist Hanau potenziell immer (noch) und überall", sagte der TGD-Bundesvorsitzende Atila Karabörklü. Rechtsextremismus und Rassismus würden auf politischer Ebene mittlerweile zwar ernster genommen – aber sie hätten immer noch einen zu geringen Stellenwert in Deutschland.

Der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, sagte: "Viele Betroffene leiden noch heute unter den Spätfolgen des Anschlags. Ihnen gilt unsere Solidarität und unser Mitgefühl." Er forderte konkrete Maßnahmen gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus.

Der Opferbeauftragte der Bundesregierung, Edgar Franke (SPD), forderte weitere Aufklärung ein. "Die Beantwortung der quälenden Fragen der Hinterbliebenen an die hessischen Behörden nach nicht funktionierenden Notrufen oder der Waffenerlaubnis des vor der Tat schon lange auffälligen Täters ist überfällig." Insgesamt 42 Betroffene hätten vom Bund bislang Soforthilfen von rund 1,2 Millionen Euro erhalten. Weitere Unterstützung sei möglich, so das Justizministerium. Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) teilte mit, der allgegenwärtige Hass im Netz habe einen Nährboden für Gewalttaten geschaffen. Sie versprach: "Wir erhöhen den Verfolgungsdruck weiter und stärken die Sicherheitsbehörden."

Parteien fordern mehr Aufklärung und Prävention

Auch die anderen im Bundestag vertretenen Parteien äußerten ihre Anteilnahme und forderten zum Jahrestag des Anschlag mehr Aufklärung und Transparenz. "Wir, die Linke, unterstützen die Forderungen der Angehörigen nach der Aufklärung der Umstände dieser Morde", sagte Linken-Parteivorsitzender Bernd Riexinger. Parteichefin Katja Kipping sagte: "Wie die Opfer und ihre Angehörigen alleine gelassen wurden, ist beschämend." CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak rief zu einem noch entschlosseneren Kampf gegen Rechtsextremismus auf. "Die Erinnerung an die Opfer von Hanau ist ein Auftrag an jeden Einzelnen in unserem Land, Rechtsextremismus, Hass und Hetze jeden Tag im Keim zu ersticken", sagte er.

Die Grünen-Fraktionschefs im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt und Anton Hofreiter, sagten, sie würden eine kohärente Gesamtstrategie vermissen: "Nach den vollmundigen Ankündigungen der Bundesregierung bleiben entschiedene Schritte in der Bekämpfung von rechtsextremer und rassistischer Gewalt nach wie vor aus." FDP-Fraktionsvize Stephan Thomae forderte eine engere Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden im Kampf gegen rechtsextreme Netzwerke und entsprechendes Gedankengut. "Gerade im Internet muss eine Radikalisierung schneller erkannt und unterbunden werden."

Bundespräsident Steinmeier will Gedenkrede halten

Am 19. Februar vergangenen Jahres hatte der Deutsche Tobias R. in Hanau neun Menschen aus rassistischen Motiven getötet. Zuvor hatte der Mann Pamphlete und Videos mit Verschwörungstheorien und rassistischen Ansichten im Internet veröffentlicht. "Neun Menschen, neun Lebensgeschichten, neun Freunde, Söhne, Töchter, Bekannte, Nachbarn – ganz einfach: neun von uns, deren Lebenslicht ganz gezielt und brutal ausgelöscht worden ist", sagte Hessens Landtagspräsident Boris Rhein (CDU).

Am Freitag soll an die Getöteten mit einer Gedenkveranstaltung mit 50 geladenen Gästen, darunter Hanaus Oberbürgermeister Claus Kaminsky (SPD) und Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) erinnert werden. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier will eine Gedenkrede halten. Am Jahrestag des Anschlags sind in Hanau viele Aktionen gegen Rassismus geplant, an denen sich unter anderem Vereine, Unternehmen, Schulen und Religionsgemeinschaften beteiligen. Auch soll es in Hessen an allen öffentlichen Gebäuden Trauerbeflaggung geben. Um 19.02 Uhr sollen in Hanau und im Umland die Kirchenglocken läuten.

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