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"Sonst schaffen wir das nicht":Lauterbach fordert nächtliche Ausgangssperre - n-tv NACHRICHTEN

Die dritte Welle rollt, und sie dürfte auch viele erfassen, die Corona bislang nicht als tödliche Bedrohung wahrgenommen haben. Ein Anstieg auf 100.000 Tote lasse sich nur noch mit einem Paket an Maßnahmen verhindern, sagt Karl Lauterbach. Dazu gehöre eine nächtliche Ausgangssperre - aber auf keinen Fall eine Änderung der Impfreihenfolge.

14 Monate nach dem ersten bestätigten Corona-Fall in Deutschland beklagt das Land fast 76.000 Tote durch das Virus. Weil die Impfkampagne bei den über 80-Jährigen Wirkung zeigt, gehen die Sterbezahlen seit Wochen zurück - doch das könnte sich bald ändern, fürchtet der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach. "Wir müssen deutlich unter 100.000 Toten bleiben", sagte der Corona-Berater der Bundesregierung dem "Tagesspiegel". Das lasse sich nur mit einer Kombination von Maßnahmen erreichen. Dringend nötig seien Ausgangsbeschränkungen, eine Testpflicht, insbesondere für Unternehmen, und schnellere Erstimpfungen. "Sonst schaffen wir das nicht", so Lauterbach.

Nachdem mit der "Osterruhe" der einzige weitreichende Beschluss der Runde zwischen Kanzlerin und Ministerpräsidenten wieder gekippt wurde, fordert Lauterbach die schnelle Einberufung eines neuen Corona-Gipfels. Der solle dann eine Ausgangssperre beschließen, etwa zwischen 20 und 6 Uhr, bundesweit und für mindestens zwei Wochen.

Für die nun in der ganzen Republik geplanten Modellprojekte hat der Epidemiologe wenig übrig: "Wir brauchen jetzt nicht Jugend forscht, also auch kein Tübingen überall." Besonders das Saarland, wo es landesweite Lockerungen geben soll, verhalte sich unredlich: "Dort hat man zusätzliche Impfdosen bekommen, weil sie Grenzregion sind und sich dort die südafrikanische Mutante ausbreitet. Es ist aber auch unsolidarisch, weil wir damit unsere gesamte Botschaft kaputtmachen." Man müsse jetzt dringend Kontakte reduzieren. "Die Modellversuche sind nichts anderes als Feigenblätter für Lockerungen. Es ist eine illusorische Idee, dass wir lockern und trotzdem gehen die Fallzahlen runter. Das ist abwegig und wird nicht funktionieren."

EU zu passiv beim Aufbau der Impfstoffproduktion

Als größten Fehler in der Pandemie-Bewältigung bezeichnet Lauterbach die zögerliche Impfstoff-Beschaffung der EU und der Bundesregierung. "Die haben das gemacht wie Kunden, die darauf warten, dass irgendwann Impfstoffe auf dem Markt sind und sie dann entsprechende Kontingente bekommen." Stattdessen hätte man aber wie die USA zusätzlich als ein Investor agieren müssen, der sich am Aufbau einer Massenproduktion beteiligt. Dafür hätte Europa nach seinen Berechnungen 24 Milliarden Euro in die Hand nehmen müssen. Dann wäre das Impfprogramm im April abgeschlossen gewesen. Die EU habe aber keine vier Milliarden ausgegeben. Lauterbach hatte schon im Mai 2020 den Aufbau einer Massenproduktion gefordert, war aber unerhört geblieben.

Um mit dem nun vorhandenen Impfstoff in der dritten Welle möglichst viele Menschen zu immunisieren, spricht sich Lauterbach für eine weitere Streckung der Impfintervalle aus. "Ich halte bei Biontech zwölf Wochen für vertretbar, auch wenn das über das eigentliche Zulassungsintervall hinausgeht", sagte er im "Tagesspiegel"-Interview. Schon nach der ersten Impfung sei der Schutz sehr hoch. Die Impfintervalle waren bereits ausgedehnt worden, bei Biontech auf sechs und bei Astrazeneca auf zwölf Wochen. "Nach unseren Berechnungen werden wir dadurch 8000 bis 14.000 Menschenleben retten." Würden jetzt erstmal nur Erstimpfungen vorgenommen, reichte der Impfstoff nach seinen Berechnungen für 60 Millionen Bürger.

Wenig hält Lauterbach von Überlegungen, die Impfreihenfolge zu ändern und Jüngere mit vielen Kontakten vorzuziehen. "Das darf auf keinen Fall passieren." Es sei nun einmal so, dass die unter 80-Jährigen teils sehr, sehr schwere Verläufe haben. Und von denen erkrankten nicht nur viele, sondern von denen würden viele sterben. "Diesen Menschen kann ich jetzt nicht vermitteln, dass 20-Jährige beim Impfen vorgezogen werden, damit sie Party machen können ohne andere zu infizieren", so Lauterbach weiter.

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