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Abschied ohne Tränen: Angela Merkels letzte Regierungserklärung - BR24

So klang im November 2005 die Premiere:

"Viele werden sagen: Diese Koalition geht viele kleine Schritte und nicht den einen großen. Und ich erwidere: Genau so machen wir es."

Angela Merkel bei ihrer allerersten Regierungserklärung. Knapp 16 Jahre später umweht die Kanzlerin nicht Wehmut, aber ein Hauch von Abschied. Heute hielt sie im Bundestag ihre vermutlich letzte Regierungserklärung.

Sie klang wie fast jede Regierungserklärung in den vergangenen 16 Jahren: Ohne auf die besondere Situation kurz vor Ende ihrer Amtszeit einzugehen, skizzierte Angela Merkel noch einmal Grundsätze ihrer Außenpolitik. Wobei es diesmal weniger um kleine Schritte ging, sondern ums große Ganze. Und um Europa.

Gemeinsames Handeln als Schlüssel zum Erfolg

Ja, die Europäische Union habe bei der Bewältigung der Corona-Pandemie Fehler gemacht, räumte Bundeskanzlerin Angela Merkel ein. Was die Rednerin allerdings weniger als Versagen der EU, sondern eher der Nationalstaaten wertete: Im ersten Corona-Schock hätten nationale Anstrengungen das Handeln bestimmt, bevor europäisch abgestimmt vorgegangen worden sei. "Wir wissen heute, dass wir das besser können und das auch in Zukunft besser machen werden", sagte Merkel.

Die Kanzlerin forderte, die Handlungsfähigkeit der EU zu stärken bei der Krisenreaktion, im Gesundheitsschutz, beim gemeinsamen Binnenmarkt - und den Einreiseregeln. Eine weitere Lehre aus der Corona-Krise: Einschränkungen der Freizügigkeit müssten EU-weit besser abgestimmt werden: "Auch heute noch gelingt es nicht ausreichend, Einreisen aus Drittstaaten, insbesondere aus Virusvariantengebieten, zu koordinieren." Das will sie heute und morgen in Brüssel ansprechen.

Wie weiter mit Russland?

Einigkeit erwartet Merkel von der EU auch bei außenpolitischen Themen - etwa beim Umgang mit Russland. Die Ereignisse der letzten Monate hätten deutlich "gezeigt, dass es nicht reicht, wenn wir auf die Vielzahl russischer Provokationen unkoordiniert reagieren."

Business as usual, diesen Eindruck vermittelt die Kanzlerin. Doch die Abgeordneten wissen, dass es ein besonderer Moment ist, der Rede folgt ein ungewöhnlich langer Applaus, einige Abgeordnete probieren es mit rhythmischem Klatschen.

Freundlicher Showdown: Die Kanzlerin und drei, die ihr gern im Amt nachfolgen würden

Doch Angela Merkel steht nicht allein im Mittelpunkt dieser besonderen Regierungserklärung. Alle drei Kanzlerkandidaten präsentieren sich gut zwei Monate vor der Bundestagswahl in der Aussprache – sogar Armin Laschet ist dafür nach Berlin gekommen und spricht als nordrhein-westfälischer Ministerpräsident - seine erste Bundestagsrede seit 23 Jahren. Er stellt Europa als Herzensanliegen vor: "Das lassen wir uns weder von einem Virus noch von Populisten und Nationalisten kaputtmachen", so Laschet in Richtung AfD.

Vizekanzler und SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz begrüßt, dass jetzt auch die EU eigene Kredite aufnehmen darf: die Aufbauprogramme der EU seien die Grundlage für den Aufschwung nach der Corona-Krise. Annalena Baerbock schließlich fordert einen neuen Aufbruch in Europa. Es reiche aber nicht mehr, Europa kurzfristig zu stabilisieren, Europa müsse klimaneutralen Wohlstand schaffen und damit ein neues Versprechen für die Menschen geben.

Worte des Respekts für Merkel - auch von FDP und der Linken

Explizit dankten Scholz und Baerbock der Kanzlerin für ihr europapolitisches Engagement - eine Respektsbekundung, der sich auch die Redner der FDP und (mit Einschränkungen) der Linken anschlossen. "Eines kann man heute sagen: Sie haben in den vergangenen 16 Jahren ihre Kraft und ihre intellektuellen Gaben stets uneigennützig in den Dienst Deutschlands und Europas gestellt, und damit haben Sie sich große Verdienste erworben", sagte FDP-Chef Christian Lindner.

Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch ging etwas strenger mit der Kanzlerin ins Gericht: "Mancher Vorwurf, der Ihnen gemacht worden ist, geht wirklich nicht auf Ihr Konto, und sie haben vielfach Schlimmeres verhindert. Aber ich glaube, das ist letztlich für die Ambitionen, die wir mit Europa haben sollten, zu wenig."

Die AfD bleibt unversöhnlich

Grundfalsch findet die Arbeit der Kanzlerin nur Alice Weidel, die als Vertreterin der größten Oppositionspartei als erste auf Merkels Erklärung antwortete: "Auch diese Regierungserklärung ist vorbei gegangen, wie alle anderen - ohne einen Funken Einsicht in die Fehlentscheidungen, die ihren Weg als Kanzlerin säumen", so Weidel.

Am Mittag ist auch diese Debatte zu Ende. Während im Bundestag weiter über die Förderung des Handwerks und den Untersuchungsbericht zum Attentat auf dem Breitscheid-Platz diskutiert wird, ist Angela Merkel bereits auf dem Weg nach Brüssel. Am frühen Nachmittag gibt sie dort ihr erstes Statement ab.

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